Einen wunden Nerv getroffen? Jugendliche und die Zahnpflege in der Pubertät
Sicherlich würde niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass gesunde Zähne wichtig sind. Sei es um ihrer selbst willen, sei es, weil Karies, Parodontose und Co. das Risiko für andere Erkrankungen erhöhen. Dass die Zahngesundheit von Kindern und Jugendlichen aber keine Selbstverständlichkeit ist, beweist der Barmer Zahnreport von 2020. Grund genug, einen genaueren Blick auf die Zähne der Jugendlichen zu werfen.
Korrektur von Zahnfehlstellungen aus medizinischen oder kosmetischen Gründen?
Jugendliche haben nicht immer, aber oftmals ein starkes Bedürfnis danach, attraktiv auszusehen. Folgen sie Vorbildern, deren gerade Zähne ihr wesentliches Markenzeichen sind, empfinden sie schiefe Zähne daher nicht selten als Makel. Aber das ist natürlich nicht bei allen Mädchen und Jungen der Fall. In jedem Fall ist es für die Zahngesundheit und -pflege hilfreich, wenn das Gebiss keine gravierenden Fehlstellungen hat.
Prinzipiell gibt es verschiedene Optionen, um Zahnfehlstellungen bei Jugendlichen zu korrigieren. Dazu zählen unter anderem lose und feste Zahnspangen sowie Aligner. Welche Behandlungsmethode sich konkret anbietet, hängt von Art und Schweregrad der Fehlstellung ab. Diesen stellen kompetente Zahnmediziner*innen mithilfe der kieferorthopädischen Indikationsgruppen fest.
So oder so ist eine Behandlung nicht kostenlos. Es ist völlig klar, dass nicht nur eine lose und feste, sondern auch eine unsichtbare Zahnspange Kosten verursacht. Inwiefern diese von einer Krankenkasse übernommen werden, hängt wesentlich davon ab, ob der Behandlung medizinische Notwendigkeiten oder kosmetische Wünsche zugrunde liegen. Eine umfassende medizinische Beratung und Diagnose ist daher unbedingt empfehlenswert. Auch sollte mit der Krankenkasse der oder des Jugendlichen (und gegebenenfalls mit dem Anbieter der Zahnzusatzversicherung) vor Behandlungsbeginn Kontakt aufgenommen werden.
Die Pubertät hat aber auch anderweitige Auswirkungen auf die Zahngesundheit
Bei der Mehrheit der Mädchen und Jungen ist der Zahnwechsel mit etwa 14 bis 15 Jahren beendet. Gleichzeitig kommt es zur ersten Welle der Hormonumstellung, die eine Destabilisierung der Mundflora zur Folge hat.
Zusammen mit der nun oftmals verstärkten Lust auf Süßes, Fastfood und Chips entsteht somit eine noch größere potenzielle Belastung für die Zähne. Die Mischung aus Zucker und Säure kann dazu führen, dass die Zahnsubstanz angegriffen wird. Das passiert insbesondere dann, wenn beim Putzen die Zahnbeläge inklusive der darin befindlichen Bakterien nicht gründlich entfernt werden. Das Risiko für Karies und Zahnfleischentzündungen steigt; im ungünstigsten Fall kommt es auch zu akuten Schäden oder chronischen Problemen.
Es ist also sehr wichtig, dass gerade Jugendliche in der Pubertät die Zahnpflege nicht schleifen lassen. Womit bereits der nächste mögliche wunde Punkt erreicht ist.
Der schmale Grat zwischen ‚ist mir doch egal‘ und Selbstliebe
Während der Pubertät regt sich bei Jugendlichen der starke Wunsch, sich von den Eltern abzulösen und eigene Entscheidungen zu treffen. Allerdings stellen nicht für alle die regelmäßige Zahnpflege und der ebensolche Kontrollgang zum Zahnarzt die erste Priorität dar. Und natürlich wird es nicht besser, wenn die Mundhygiene zum andauernden Streitthema zwischen Tochter bzw. Sohn und Eltern wird. Was kann man tun, um die Situation zu entschärfen?
- Wissen ist Macht: Wer seinen Kindern schon von klein auf zeigt, wie sie ihre Zähne richtig pflegen und dafür eine souveräne Routine einführt, wird sehr wahrscheinlich weniger diskutieren müssen. In diesem Zusammenhang ist es zudem hilfreich, ihnen ihre damit verbundenen Fragen zu erklären.
- Auch profitieren Jugendliche davon, wenn man ihnen zeigt, wo sie zuverlässige Informationen selbst finden können. Für den Fall, dass sie sich einmal doch nicht an ihre Eltern wenden wollen. Das hat einerseits den Vorteil, dass sie sich in ihrer Selbstständigkeit gestärkt fühlen. Auf der anderen Seite werden sie mit potenziellen Konsequenzen ihres (Nicht-) Handelns in Bezug auf die Zahnpflege konfrontiert. Ohne, dass die Infos von der ‚sowieso besserwisserischen‘ Elternseite kamen.
- Mit gutem Beispiel vorangehen: Kinder und Jugendliche folgen einem deutlich eher, wenn sie sehen, dass man die Zahnpflege selbst ernst nimmt und gewissenhaft zu Kontroll- und Behandlungsterminen geht.
- Außerdem kommt es dem in der Pubertät steigendem Bedürfnis nach Selbstständigkeit der Jugendlichen sehr entgegen, wenn ihre Eltern ihnen die Möglichkeit einräumen, Terminabsprachen für die Kontrolle der Zahnspange oder andere Behandlungen selbst zu tätigen oder zumindest Vorschläge zu äußern.
All das bietet natürlich keine Geling-Garantie. Es erhöht die Chance, dass sich die Pubertierenden um die Zahnpflege kümmern, dennoch in einem gewissen Maß. Schwieriger ist es natürlich, wenn sich bei Jugendlichen bereits eine gewisse Angst vor zahnmedizinischen Behandlungen aufgetan hat.
Eine Zahnarztphobie – und jetzt?
Panik vor zahnärztlichen Behandlungen ist keine Seltenheit und betrifft alle Altersgruppen. Ihre Überwindung ist aber insofern von Relevanz, weil Vorsorgen immer besser als Reparieren-Müssen ist. Das gilt natürlich auch für regelmäßige Zahnkontrollen bei Jugendlichen. Stellt sich heraus, dass das eigene Kind eine Tendenz zur Zahnarzt-Phobie hat, kann ein Angebot zu einem konstruktiven Gespräch der erste Schritt zur Lösung sein. Die Angst sollte dabei nicht kleingeredet werden; vielmehr sind Verständnis und Hilfe zur Selbsthilfe gefragt. Eine Option dafür kann – wie schon angesprochen – der Hinweis auf fachlich korrekte Internetseiten und andere Materialien sein. Aber auch der Kontakt zu einem auf die Behandlung von Angstpatienten spezialisierten Zahnarzt kann hilfreich sein.